Karneval hat immer schon viele Menschen bewegt und begeistert. Der Karneval war für die Rheinländer Lebenselixier. So schwappte der Kölner Karneval im 19. Jahrhundert an den Niederrhein und in den Klever Raum über. Dr. Friedrich Gorissen schrieb in dem Buch „Geschichte der Stadt Kleve“ (Boss Druck und Verlag 1977) mehrfach über die karnevalistischen Aktivitäten Klever Vereine im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute sind in der Stadt Kleve mehrere Gesellschaften und Vereine tätig, die sich den Karneval verschrieben haben. Der ältesten aktiven Gesellschaft, den „Schwanenfunkern“, die schon seit 1924 in Kleve führend sind, folgten nach dem 2. Weltkrieg die Brejpottquaker Kellen, Germania Materborn, Klever Schildbürger, Wölfkes Griethausen und Flying Familli. Die Geschichte der Fidelitas beginnt eindeutig im Bürgerschützenverein 1924 Materborn e.V., dessen Mitglieder schon früh für ihre schönen Feste bekannt waren. Der Volksfreund und das Kreis Klever Blatt berichten in ihren Ausgaben vom 3. Bzw. 4. Februar 1930 von dem Rheinischen Abend im Schweizerhaus. Sitzungspräsident war seinerzeit der bekannte Malermeister Heinrich Marliani.

Der Zeitzeuge, Wilhelm Gorissen, Mitgründer der Fidelitas, der 1997 im Alter von 91 Jahren verstarb, berichtete immer gerne von den gelungenen Rheinischen Abenden in den Zwanziger und Dreißiger Jahren. Seinerzeit hat wohl niemand damit rechnen können, dass im Jahr 2001 ein Jubiläum gefeiert wird, dessen Ursprung schon in die Vorkriegszeit zurückverfolgt werden kann. Es war demnach schon immer im Bürgerschützenverein 1924 Materborn e.V. fest verwurzelt, frohe und fidele Stunden in der Karnevalszeit zu erleben. Die Wiege der Fidelitas stand in der Gaststätte Schneiders, heute Ratskrug Materborn. Silvester/Neujahr 1950/51 veranstaltete der Bürgerschützenverein eine Silvesterfeier, die den Anstrich eines Rheinischen Abends hatte. Einige Schützenkameraden, insbesondere der damals zwanzigjährige „Wahl-Materborner“ Heinz van Berkum, trugen mit humoristischen Beiträgen zum Gelingen des Abends bei. Zuversichtlich fassten Vorstand und Schützen den Beschluss, 1952 einen öffentlichen Rheinischen Abend zu veranstalten, der am 2. Februar 1952 im Schweizerhaus stattfand. Bei 1,00 DM Eintrittsgeld war der Zuspruch unerwartet groß, so dass schon im folgenden Jahr zwei Sitzungen am Samstag, dem 17. und Sonntag dem 18. Januar 1953 veranstaltet wurden. Da es keinen Vorverkauf gab, war man gespannt auf die Resonanz. Musste man am Samstag noch Gästen wegen Ausverkauf den Eintritt verwehren, kamen die Besucher am Sonntag nur spärlich, denn ein Wetterumschwung brachte Regen auf frostigen Boden. Am Eingang des Schweizerhauses saßen die Aktiven und der halbe Elferrat um einen großen Bullerofen, wärmten sich und warteten auf die wenigen Gäste, die die wetterbedingte Rutschpartie auf sich genommen hatten. Die Straßen waren nämlich spiegelglatt und der Sitzungssaal um 20:11 nur gut zur Hälfte besetzt. Trotz allem war die Stimmung prächtig und in den darauffolgenden Jahren fanden jeweils 2 Sitzungen, allerdings an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen statt.

Erstmals 1974 veranstaltete die Fidelitas drei Sitzungen, 1983 sogar vier, von 1984 bis 1987 drei, 1988 bis 1992, zwei Sitzungen und ab 1993 nur noch eine Sitzung. Spätestens hier tut sich die Frage auf: „Wie ist diese Entwicklung zu erklären?“ Die Fidelitas hatte viele Höhen aber zweifelsohne auch Tiefen erlebt. Ein tiefes Tal erlebte die Gesellschaft, als es 1991 Bestrebungen gab, sich mit der Karnevalsgesellschaft Germania zu vereinigen. Die Gespräche, die zunächst in kleinen Kreisen positiv verliefen, fanden letztlich bei den Fidelitasmitgliedern keine Gegenliebe. Auch aus diesem Grund trennten sich die Flying Girls mit einigen Karnevalisten von der Fidelitas und gründeten die Karnevalsgesellschaft „Flying Familli“.

Somit konkurrierten gleich drei Gesellschaften in Materborn um die Gunst der Zuschauer. Außerdem finden im Schweizerhaus zu bester Dämmerschoppenzeit kommerzielle Herren- und Damensitzungen statt, die eine Marktlücke im Klever Raum geschlossen haben. Daher hat der karnevalistische Beobachter in der Karnevalshochburg Materborn die Qual der Wahl! Die Fidelitas ließ sich aber nicht beirren. Immer wieder verstand sie es, ein unterhaltsames Programm zu gestalten, auch wenn sie hin und wieder auf auswärtige Kräfte zurückgreifen musste. Bis 1997 hatte die Fidelitas im Schweizerhaus ihre karnevalistische Heimat, musste dann aber 1998 in die Materborner Mehrzweckhalle ausweichen, weil im Schweizerhaus den bekannten Veranstaltungen „Tanzen – Feiern – Fröhlichsein“ am Samstagabend Vorrang eingeräumt wurde. Der Name „Fidelitas“ entspringt den Karnevalsaktiven im Bürgerschützenverein, die sich innerhalb des Vereins zunächst als „fidelen Club“ bezeichneten. Die Bänkelsänger benannten sich nach der Oper „Fidelio“ und im Jahr vor dem zwanzigjährigen Bestehen wurde aus dem „fidelen Club“ offiziell die „Fidelitas“ in der Absicht, neben der lustigen und heiteren Seite auch das Treueverhältnis (fidelitas, lat. = „Treue“) zwischen Publikum und Darstellern zu festigen. Außerdem wollte man erreichen, dass auch jene Karnevalsinteressierten aktiv werden konnten, die nicht unbedingt Mitglied der Bürgerschützen werden wollten. Die Fidelitas hatte sich zu einer anerkannten Karnevalsgröße gemausert und fand entsprechenden Anklang in der Öffentlichkeit. Auch als das Klever Rosenmontagskomitee 1973 aktiv wurde, half die Fidelitas fleißig mit, den Klever Straßenkarneval wieder zu beleben, der durch die Aktivitäten und Vorgaben der „Kleefse Köcklers“ wieder in Schwung kam. Bis heute hat sich die Gesellschaft aktiv an den Rosenmontagszügen beteiligt und wirkt im Rosenmontagskomitee mit. Mit den Klever Karnevalsvereinen und den karnevalsorientieren Vereinen und Gemeinschaften ist der Rosenmontagszug in Kleve ein Fastnachtshöhepunkt am unteren Niederrhein. So wurde auch 1973 erstmals mit „Heinrich dem Eisbrecher“ wieder ein Klever Prinz proklamiert, der während der gesamten Karnevalszeit mit seiner Garde bis Rosenmontag die Karnevalsveranstaltungen bereicherte. Dem „Eisbrecher“ folgte bis heute Jahr für Jahr ein neuer Prinz. Aus den Reihen der Fidelitas waren vier Karnevalisten als Klever Prinzen im Einsatz.

Die Fidelitas beschloss sich eigenständig zu machen. Am 27. Juli 2011 war es dann endlich soweit und konnte sich im Vereinsregister eintragen lassen. Seit diesem Zeitpunkt ist die Fidelitas eine feste Größe im Klever Karneval. Jedes Jahr veranstaltet die Fidelitas eine Sitzung mit tollen Tanzgruppen, Büttenreden und musikalischen Acts in der Mehrzweckhalle Materborn.  Sie besuchen auch andere Veranstaltungen wie Sitzungen, Prinzenproklamation usw. unter anderem zieht sie auch jedes Jahr im Rosenmontagszug mit. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Session und blicken voraus auf die nächste Sitzung mit einem dreifach kräftigen Fidelitas Helau Helau Helau.